Der Turnierverlauf ist aus Sicht des Kanadiers mehr als kurios: Mit Mensik und Lehecka mussten zwei seiner Gegner im Matchverlauf verletzungsbedingt aufgeben, Sinner zog bereits vor dem Viertelfinale zurück. Der 23-Jährige trifft am Sonntag auf Andrey Rublev, der sich im ersten Halbfinale gegen den US-Amerikaner Taylor Fritz durchsetzte.

Dann aber ein Schreckmoment! Auger-Aliassime spielt einen Ball cross und der Tscheche geht beim Richtungswechsel schmerzverzerrt zu Boden und fasst sich an den Rücken, das sieht nicht gut aus. Er steht auf und geht ans Netz, um aufzugeben.

Lehecka ist zurück und macht mit eigenem Aufschlag weiter: Seine Bewegungen wirken zu Beginn wieder flüssiger und auch der Service ist sofort voll da, die Behandlung scheint auf den ersten Blick geholfen zu haben.

Früh in der Partie muss der Tscheche ein Medical Timeout nehmen, weil er Rückenprobleme hat. Mit dem medizinischen Personal verschwindet er in Kabine - das erinnert stark an die Bilder von gestern Abend, als Medvedev im Spiel gegen Lehecka ebenfalls im ersten Satz behandelt werden musste und später sogar aufgab.

Auch der Kanadier lässt seinen Gegner im Service Game nicht an einer Breakchance schnuppern und gewinnt sein Aufschlagspiel ebenfalls zu Null.

Das nächste Aufschlagpiel von Lehecka ist schnell erzählt: Zu Null stellt der Tscheche auf 3:2, über kurze Balwechsel lässt er Auger-Aliassime keine Chance.

Auger-Aliassime hat in seinem zweiten Aufschlagspiel etwas mehr mit seinem Service zu kämpfen, wenn der erste Versuch allerdings sitzt, geht der Punkt in dieser Anfangsphase zu 100% an ihn (8/8). Dadurch übersteht auch er die erste Drucksituation bei 30 beide, der Return beim Spielball landet hindert der Grundlinie und damit gleicht er zum 2:2 aus.

Mit einem Ass macht Lehecka den Breakball gegen sich wett, dreht das Spiel im Anschluss dank eines Rahmentreffers des Kanadiers. Den Spielball zum 2:1 verwandelt er im Anschluss, weil Auger-Aliassime in der Rallye mit seiner Rückhand zu lang gerät.

Lehecka streut bei 15 beide einen Drop-Shot an, der aber viel zu hoch angesetzt ist und für seinen Gegner damit keine Herausforderung darstellt. Danach kann sich der 22-Jährige noch auf 30 beide herankämpfen, doch Auger-Aliassime bekommt früh den ersten Breakball, weil Lehecka seine Rückhand seitlich verzieht - 30:40!

Auch Auger-Aliassime zeigt sich in seinem ersten Aufschlagspiel von seiner besten Seite, serviert sicher durch und hält die Ballwechsel bis zum 40:0 durch. Danach setzte er einen Slice ins Netz, stellt mit der nächsten Gelegenheit aber per Ass auf 1:1.

Los geht's und Lehecka präsentiert sich beim Service direkt sehr souverän: Der 22-Jährige bringt nur erste Aufschläge über das Netz, die sein Gegner entweder gar nicht returnieren kann oder sich daraus nur eine kurze Rallye entwickelt. Zu Null stellt der Tscheche auf 1:0.

Der digitale Münzwurf ist zugunsten des Kanadiers ausgefallen, Auger-Aliassime hat sich im Anschluss für Rückschlag entschieden. Damit wird sein Gegner aus Tschechien das Match nach dem Warm-up eröffnen.

In der Weltrangliste trennen die beiden Halbfinalisten nur vier Plätze, daher dürfte es ein ausgeglichenes Match werden. Bei Auger-Aliassime liegt durch den freien Tag ein kleiner Vorteil was die körperlichen Reserven anbetrifft, zudem hat er mit Ruud einen Spieler aus den Top 10 mit einer starken Leistung besiegt. Lehecka hingegen hat besonders im hochemotionalen Duell mit Publikumsliebling Nadal gezeigt, dass er sein Level auch in Drucksituationen halten kann. Ein Match gab es zwischen den beiden bisher: Der Kanadier hatte bei den Australian Open 2023 das Nachsehen im Achtelfinale und unterlag in vier Sätzen, zwei davon entschied der Schützling von Thomas Berdych im Tie-Break für sich.

Auch Lehecka hätten nur wenige auf dem Schirm gehabt, in Madrid scheint sich der Tscheche gut zurecht gefunden zu haben: In seinen ersten beiden Matches hatte er mit den Qualifikanten Medjedovic und Monteiro noch zwei vermeintlich leichte Gegner, in der dritten Runde kickte er dann mit einer reifen Leistung Rafael Nadal aus dem Turnier und besiegelte damit sein Aus in Madrid. Im Viertelfinale wartete auf die aktuelle Nummer 31 der Welt mit Daniil Medvedev ein echter Reifetest - doch die Nummer vier der Welt verletzte sich früh im ersten Satz an der Leiste und gab nach Satzrückstand letztlich auf. Damit ist der 22-Jährige in diesem Turnier noch ohne Satzverlust und geht mit viel Selbstbewusstsein in das Match gegen seinen fast gleichaltrigen Konkurrenten.

Mit dem Kanadier Auger-Aliassime hat bei diesem Turnier vermutlich niemand gerechnet: Der 23-Jährige ist mittlerweile nur noch die Nummer 35 der Welt, durchlebt seit rund einem Jahr eine schwache Phase. Im Herbst 2022 hatte Auger-Aliassime mit einem starken Schlussspurt noch sein Ticket für die ATP Finals gebucht, danach wurde es jedoch immer ruhiger um den Schützling, der mittlerweile nicht mehr mit Toni Nadal zusammenarbeitet. Seine durchwachsene Jahresbilanz von 15-10 spricht Bände. Auf dem Weg ins Halbfinale schaltete der Kanadier Nishioka in drei Sätzen, Mannarino, Mensik und zuletzt sogar Ruud in glatt in zwei Sätzen aus. Der Sieg gegen den Norweger könnte ein Schlüsselmoment für den weiteren Saisonverlauf von Auger-Aliassime sein, denn Ruud hatte zuletzt starkes Tennis gespielt und in Barcelona ein Turnier der Kategorie 500 gewonnen. Im Viertelfinale konnte der 23-Jährige kurz darauf die Füsse hochlegen und Kräfte sparen, denn Sinner musste vor dem Match mit anhaltenden Hüftproblemen zurückziehen.

Hallo und willkommen zum zweiten Halbfinale beim ATP Masters in der spanischen Hauptstadt! Ab 20 Uhr kämpfen mit Auger-Aliassime und Lehecka gleich zwei überraschende Halbfinalisten um den Einzug ins Finale. Dieses findet am Sonntag statt und der Gegner steht auch schon fest: Rublev setzte sich in zwei Sätzen gegen Fritz durch und ist damit vom Ranking her der Favorit im Endspiel.